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doppelmoral

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die spender in der republik haben sich in den letzten wochen zweifelsohne nicht lumpen lassen. getrieben von politik und medien haben sie für die flutopfer in südasien in etwas über zwei wochen mehr gespendet als seinerzeit bei der überschwemmungskatastrophe in ostdeutschland. gemessen an der zahl der betroffenen in asien relativiert sich das natürlich schnell wieder. man könnte sich aber noch mehr über die spendenbereitschaft freuen, wenn dieselbe großherzigkeit auch gegenüber jenen walten würde, die hierzulande tagtäglich am rande des existenzminimums leben müssen. stattdessen werden millionen erwerbslose stigmatisiert und mit unterstützung der medien nicht selten als schmarotzer dargestellt (mit sozialschnüfflern auf gemeinsame tour gehen ist ja derzeit bei vielen sendern 'in'), während sich steuerflüchtlinge wie michael schumacher oder arbeiterschinder wie der boss vom billigdiscounter lidl als selbstlose wohltäter gerieren dürfen. bei letzterem kann man sich schon fast denken, auf wessen kosten die spendensumme zusammengekommen ist. als armer in deutschland kann man kälte und egoismus unserer gesellschaft jeden tag live erleben. so verkommt die vorgebliche großzügigkeit der spender leider schnell zum kurzlebigen event, bei dem man eben dabei sein muß. ein entsprechender beitrag in der sendung 'kulturzeit' vom 12.1.05 war hier recht aufschlußreich.

bei den politikern ist man doppelmoral von jeher gewohnt, nur das sie derzeit im zuge der debatte um die nebentätigkeiten unserer volksvertreter wieder mehr ins licht der öffentlichkeit rückt. neben dem aspekt, das die arbeitszeit eines (wahrlich nicht schlecht bezahlten) berufspolitikers eigentlich exklusiv zur vertretung der wählerinteressen dienen sollte und nicht wenige politiker auch immer wieder herausstellen, 12 oder mehr stunden am tag zu arbeiten, sollte man nicht vergessen, das diese nebentätigkeiten nicht selten höher entlohnt werden als viele normale arbeitnehmer für ihren vollzeitjob bekommen. vor allem aber ist ganz klar, das kein von großkonzernen, banken oder lobbyverbänden bezahlter politiker gegen die interessen seiner geldgeber handelt. schleierhaft ist aber auch, wie ein in einem halben dutzend oder mehr vorständen oder aufsichtsräten vertretener politiker noch genug zeit für seine eigentliche aufgabe haben soll. man denke nur an das notwendige studium von gesetzvorlagen, bevor man überhaupt verantwortlich an abstimmungen darüber teilnehmen kann. und so mancher abgeordnete kommt ja schon bei den kenntnissen des eigenen parteiprogramms ins schwimmen. wer sich bewußt für die politik entscheidet, muß den beruf zwangsläufig hinten anstellen, wenn die glaubwürdigkeit des politischen handelns gewährleistet bleiben soll. alles andere ist augenwischerei und schadet dem ohnehin schon angeschlagenen image unserer demokratie.

politik und wirtschaft