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köhler brüskiert ostdeutsche

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nachdem sich der ehemalige iwf-vorsitzende und jetzige bundespräsident horst köhler in den ersten wochen relativ zurückhaltend äußerte, hat er nun im schatten der montagsdemonstrationen die katze aus dem sack gelassen: die ostdeutschen sollen bei der suche nach einem arbeitsplatz 'flexibler' sein und an einer angleichung der lebensverhältnisse in deutschland hat er kein interesse. sprich: die reichen sollen reich bleiben und die armen sollen sich gefälligst mit ihrem schicksal abfinden. damit zeigt auch dieser politiker seine unkenntnis über die lage in ostdeutschland. tatsache ist, das schon millionen ostdeutsche mangels aussicht auf einen arbeitsplatz nach westdeutschland umziehen mußten, wo sie häufig genug als exoten behandelt werden. weitere millionen arbeiten in ihrer heimat zu löhnen unter tarif, wobei der offizielle tariflohn in manchen branchen auch schon ein schlechter witz ist. das angesichts solcher äußerungen und einer allgemein wenig aussichtsreichen zukunft immer mehr ostdeutsche vom jetzigen system die schnauze voll haben und sich radikalen parteien zuwenden, kann kaum verwundern. wer auf die montagsdemos geht, folgt in den meisten fällen nicht irgendwelchen rattenfängern oder ist desinformiert. vielmehr gehen die meisten leute deshalb auf die straße, weil sie sehr genau wissen, was ihnen blüht. wenn selbst die erzkonservative 'frankfurter allgemeine' vom größten sozialabbau seit gründung der bundesrepublik schreibt, spricht das für sich.

wenn köhler davon spricht, das man sich mit den ungleichen verhältnissen in deutschland abfinden soll (nicht nur zwischen westen und osten, sondern auch zwischen armem norden und reichem süden), so legt er damit auch den grundstein für sich weiter verschärfende spannungen innerhalb der gesellschaft. eine auf ungleichheit und ungerechter verteilung der verfügbaren mittel basierende gesellschaft ist auf dauer zum scheitern verurteilt. nicht umsonst sprechen einige experten schon davon, das wir uns von einer stabilen demokratie in eine labile demokratie bewegen, in der demokratische werte bei der bevölkerung nicht mehr die gleiche bedeutung haben wie früher, als man in der politik noch auf gesellschaftlichen konsens aus war. aber vermutlich muß die 'deutschland ag' erst mit lautem krachen an die wand gefahren sein, bevor die politiker sich besinnen, das es da neben maximalem profitstreben und der reduzierung des menschen auf seine verwertbarkeit noch etwas anderes gibt.

politik und wirtschaft